Hans Claus (Kortrijk, 1962) ist ein Tausendsassa: Er ist nicht nur Maler, Bildhauer, Fotograf und Schriftsteller-Performer, sondern war auch 38 Jahre lang Direktor des Gefängnisses der Stadt Oudenaarde. Vor drei Monaten ging er in den Ruhestand.
Wenn Sie wissen wollen, was mit dem gegenwärtigen Haftsystem in unserer Gesellschaft nicht stimmt, über die politischen Kämpfe, die mit der Schaffung menschlicher Bedingungen in unseren Haftanstalten verbunden sind, dann sollten Sie nicht nur seinen Interviews zuhören oder seine wissenschaftlichen Schriften lesen, sondern auch seine Skulpturen und seine Gemälde kennen lernen, denn sie sprechen über die conditio humana im weitesten Sinne. Über das Öffnen der Pforten unseres verengten Geistes und über die selbstverschuldete Gefangenschaft, die so viele Menschen „meine Freiheit“ nennen. Für ihn ist die Kunst keine Therapie, sondern eine absolute und unumgängliche Notwendigkeit in seinem Leben.
Als Gefängnisdirektor war er einer der bedeutendsten belgischen Verfechter eines menschlichen Umgangs mit verurteilten Straftätern. „Es ist ein gefährliches Dossier, denn es symbolisiert die Verachtung aller öffentlichen Institutionen. Unserer Gesellschaft gelingt es, die Produktion von Gütern und Geräten zu ihrer Hauptaufgabe zu erklären und die gemeinsame Sorge um die Mitmenschen als Kostenfaktor darzustellen.“ Sein kürzestes Zitat? „Gefängnisse funktionieren nicht. Wir brauchen sie nicht!“. Oder etwas nuancierter: „Ich bin erstaunt, dass die Regierung die Zahl der Inhaftierten immer noch nicht mit einer Höchstkapazität begrenzt. Denn voll ist voll, aber nicht im Gefängnis. Nach dreißig Jahren Überbelegung ist eine Quote für den Strafvollzug immer noch nicht erwägenswert. Es rechtlich unmöglich zu machen, dass ein neuer Häftling auf einer Matratze unter dem Tisch landet, ist offenbar eine Brücke zu weit.“
Vor allem aber ist Hans Claus ein Mensch, und dieser Zustand spiegelt sich in allen seinen Handlungen wider. „Gerade wenn man entdeckt, dass man nur versucht hat zu überleben, wenn man sich öffnet und denkt, dass man dieses Leben ändern kann, ist es Zeit, sich zu verabschieden. Das ist eines der Dramen unserer menschlichen Ethnie. Jeder muss immer wieder alles neu lernen und die gleichen Fehler machen. Essen, trinken, sich paaren, sterben.“
Er ist der Verfasser der Erklärung vom 30. November (https://novemberverklaring.eu/en/),
ein Plädoyer für notwendige Reformen, um eine Gesellschaft zu schaffen, in der die Menschen ZUSAMMEN LEBEN, befreit von der Gier nach Geld, und in der sie sich gegenseitig und die Natur, in der sie leben, schätzen können. In sechs Grundzügen skizziert die Erklärung eine Gesellschaft, in der die Wirtschaft den Menschen und der Natur dient, in der geistige Werte wichtiger sind als materielle Dinge und in der auch virtuelles Wachstum in Frage gestellt wird. „Nicht nur unser Planet ist endlich, sondern auch unsere virtuelle Welt ist endlich“.